V. A. Vazjulin

Die Geschichte und das kommunistische Ideal [1]

(1995)

„Das Gespenst des Kommunismus hat sich im Morgengrauen verflüchtigt“ – so paraphrasierte 1989 ein Referent auf der letzten Moskauer Stadtparteikonferenz die berühmte Feststellung von Marx und Engels: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“.[2]  Und, nach der Fernsehübertragung zu urteilen, wurde ihm gar nicht oder kaum merklich widersprochen.

Dass das kommunistische Ideal[3], das Ziel der kommunistischen Bewegung uneinlösbar sei, ist heute eine auch unter Kommunisten selbst weit verbreitete Ansicht.

In diesem Aufsatz werde ich nicht die Gründe dafür beleuchten, warum es selbst unter Parteimitgliedern nicht wenige gibt, die wie Boris Jelzin den Kommunismus für einen verschwommenen Traum oder, zugespitzt, für „Manilowschtschina“[4] halten. Für die Untersuchung solcher Gründe wäre eine spezielle Arbeit erforderlich, denn angesichts der Menge heute kursierender und „dank“ der Massenmedien verfestigter sozialer Illusionen sollte man entweder gar nicht oder aber sehr ausführlich darüber sprechen.

Ich habe mir hier dagegen vorgenommen, nur eine Frage kurz zu diskutieren:

Haben diejenigen recht, die an der Erreichbarkeit des Endziels der kommunistischen Bewegung zweifeln oder nicht?[5]

In letzter Zeit sind in einigen Kreisen die Anschauungen von Eduard Bernstein und anderen Akteuren der II. Internationale wieder in Mode gekommen, die Anschauungen der Sozialdemokratie. Während deren extreme Anhänger kategorisch auf der historischen Berechtigung von Bernstein u.a. bestehen, zweifeln die gemäßigten zumindest: Und wenn diese nun wirklich recht gehabt hätten?

Lenins Position zu Bernstein und seinen Anhängern ist bekannt, er äußerte sich nicht nur einmal dazu, dass diese Leute die Bestandteile des Marxismus und den Marxismus insgesamt revidiert[6] hätten.

Bereits gegen Ende des 19. Jh. bezweifelten Revisionisten nicht nur ein letztes Ziel der kommunistischen Bewegung, sondern lehnten ein solches kategorisch ab: „Die natürliche Ergänzung der ökonomischen und politischen Tendenzen des Revisionismus bildete ihr Verhältnis zum Endziel der sozialistischen Bewegung. ‚Das Endziel ist nichts, die Bewegung – alles’, dieses geflügelte Wort von Bernstein drückt das Wesen des Revisionismus besser aus als viele lange Abhandlungen. Von Fall zu Fall sein Verhalten zu bestimmen, sich an die Tagesereignisse anzupassen, an die Wendungen politischer Kleinigkeiten, die grundlegenden Interessen des Proletariats und die Grundzüge der kapitalistischen Ordnung, der gesamten kapitalistischen Evolution zu vergessen , diese Grundinteressen den tatsächlichen oder vorgegebenen Vorteilen einer Minute zu opfern – das bedeutet revisionistische Politik.“[7]

Ist eine kommunistische Bewegung, die das kommunistische Ziel, die kommunistische Perspektive verloren hat, eine kommunistische Bewegung? Ohne Endziel ist es eine auseinanderbrechende oder auseinandergebrochene Bewegung und von echt revolutionärem Charakter kann keine Rede mehr sein.

Von welcher Bedeutung es im Leben eines einzelnen Menschen ist, eine Perspektive zu besitzen, hat Anton Makarenko einmal trefflich beschrieben:  „Die wahre Triebfeder menschlichen Lebens ist die Freude auf ein Morgen ... Das Wichtigste, was wir gewöhnlich an einem Menschen schätzen, ist dessen Lebenskraft und Schönheit. Beide werden beim Menschen ausschließlich durch die Art bestimmt, wie er sich zur Perspektive verhält. Ein Mensch, der sein Verhalten auf den nächstliegenden Tag ausrichtet, ist ein ziemlich schwacher Mensch. Wenn er sich lediglich mit seiner eigenen, wenn auch ferner liegenden Perspektive beschäftigt, kann er uns stark erscheinen, nicht aber als schöne Persönlichkeit, die unsere besondere Wertschätzung hervorruft. Je weitgefasster dagegen ein Kollektiv und seine Perspektive sich in die persönliche Perspektive eines Menschen verwandelt hat, umso schöner ist und höher steht ein Mensch. Einen Menschen zu erziehen bedeutet, ihm die verschiedenen Wege-Perspektiven aufzuzeigen.“[8]

Nicht nur ein einzelner Mensch, sondern auch eine Gesellschaft, die ihre entferntere Entwicklungsperspektive verloren hat oder verliert, befindet sich in Auflösung.

Sollte tatsächlich die Losung einen echten Lebensstimulus für den Menschen abgeben, die

G. Popov u.a. „Radikale“ ihren Anhängern verkündeten: „Lieber Ungleichheit in Reichtum, als Gleichheit in Armut“?

Welcher Alternative auch immer die soziale Ungleichheit entgegengesetzt wird – nie wird sie zu einer wirklich perspektivreichen Losung für eine fortschrittliche Gesellschaft taugen. In einer Gesellschaft, die ihre Perspektive, wenngleich vielleicht nur für historisch kurze Zeit, verliert oder verloren hat, greifen unvermeidlich soziale Missstände um sich: wachsende Armut der einen bei gleichzeitiger Bereicherung der anderen, wachsende Kriminalität, Prostitution, Alkoholismus, Drogenmissbrauch etc.. Keinerlei Wohltätigkeitsstiftungen vermögen diese Lage grundlegend zu überwinden.

Eine Gesellschaft, die ihre entferntere Entwicklungsperspektive verliert oder verloren hat, ist blind in der Antizipation der entfernteren Zukunft, und ihr Fortschreiten, wenn es überhaupt noch geschieht, vollzieht sich auf dem Weg von Versuch und Irrtum.

Einen gesellschaftlichen Umbau ganzheitlich zu konzipieren, ist, wenn die kommunistische Perspektive verloren geht, unmöglich. Ganzheitlich kann in diesem Fall nur das Konzept der Restauration des Kapitalismus sein. Entweder – oder. Die Versuche, einmal hierhin, einmal dorthin zu gehen, werden ohne kommunistische Perspektive letztlich immer wieder auf dem Weg zurück zum Kapitalismus enden. 

Inwiefern aber ist eine kommunistische Perspektive realistisch?

Die kommunistische Perspektive kann nicht gründlich genug verstanden werden, wenn man sich nur mit den Schwierigkeiten abgibt, die unser Land und die anderen sozialistischen Länder in den vergangenen Jahrzehnten durchlebten. Es reicht auch nicht, die Geschichte der letzten 72 Jahre zu überdenken, und es reicht nicht einmal, das Verhältnis von Kapitalismus und Sozialismus insgesamt zu erforschen. Vielmehr ist es erforderlich, den gesamten Verlauf der Menschheitsgeschichte in den Blick zu nehmen. Denn Kommunismus bildet sich als Resultat der gesamten vorangegangenen Geschichte der Menschheit heraus. Ein Resultat kann in vollständigem Maße aber nur im Zusammenhang mit dem Prozess verstanden werden, der zu ihm geführt hat oder führen wird.

Kommunismus setzt die völlige Umwälzung nicht nur dessen voraus, was seine Wurzeln in der kapitalistischen Gesellschaft besaß oder besitzt, sondern auch derjenigen Bedingungen, Verhältnisse, Traditionen, Gewohnheiten etc., die noch aus den vorkapitalistischen Gesellschaften stammen.

Die heute unter Marxisten vorherrschende Überzeugung ist fast ausschließlich auf die Erforschung des Übergangs von einer Gesellschaftsformation zu einer anderen gerichtet. Es fehlt ein genaues Verständnis davon, dass der Übergang zum Kommunismus zugleich ein Übergang von der Vorgeschichte, von der gesamten vorangegangenen Geschichte zur wirklichen Geschichte der Menschheit ist. Das aber bedeutet, dass dieser Übergang seiner Tiefe und Dauer nach nicht mit einem einfachen Formationswechsel, wie z.B. dem vom Feudalismus zum Kapitalismus, zu vergleichen ist. Der Übergang zum Kommunismus ist daher viel langwieriger und komplizierter als insbesondere der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus. Kommunismus selbst ist nicht einfach als eine weitere Formation neben anderen Formationen aufzufassen, sondern als ein grundsätzlich neuer Typ von gesellschaftlicher Entwicklung.

Der bisherige Verlauf der Menschheitsentwicklung lässt sich unter Beachtung auch der Zufälligkeiten, Umwege, Brüche und verschiedenen Entwicklungslinien mit einem Baum vergleichen, mit dessen Stamm und Verästelungen bzw. Zweigen. Bestimmen wir jedoch den gesetzmäßigen, grundlegenden Verlauf der bisherigen Geschichte und konzentrieren uns auf den „Baumstamm“ selbst, dann besitzt dieser gleichsam die Form einer Spiralwindung, und die Menschheit befindet sich gegenwärtig irgendwo am Ende dieser Windung. Gewöhnlich wird diese Windung, sofern sie überhaupt beschrieben wird, als Bewegung von einer Gesellschaft ohne Klassen über die Klassengesellschaft hin zur klassenlosen Gesellschaft charakterisiert. Detailliert ist ein solcher Ansatz, bei dem die Klassengesellschaft als Ausgangspunkt dient und alle anderen in Abhebung davon als Nicht-, Vor- oder Nachklassengesellschaft verstanden werden, allerdings bisher nirgendwo beschrieben worden.

Mir scheint, dass inzwischen historische Bedingungen herangereift sind oder gerade heranreifen, um diese Spiralwindung der menschlichen Geschichte tiefgründiger zu begreifen.

Betrachten wir diese Windung einmal genauer. Wir beginnen mit der Charakterisierung des Verhältnisses der Menschen zur Natur.

Das ursprüngliche Verhältnis ist ein natürlich entstandenes, naturwüchsiges. Hierbei werden Mittel der Einwirkung auf die Natur genutzt, die fertig in der Natur vorgefunden werden.

Auf diesem Abschnitt der Spiralwindung menschlicher Geschichte wirkt die Natur selbst, sie ist selbsttätig, und es dominiert die Konsumtion von Produkten der selbsttätigen Natur. Ein solches Verhältnis zur Natur herrscht so lange und insoweit, wie Beutewirtschaft vorherrscht. Beute bedeutet Ausnutzung fertiger Naturgegenstände, sei es auch mit Hilfe bereits produzierter Werkzeuge.

Produzierte Werkzeuge entstehen gleichzeitig mit der Entstehung des Menschen als biologischem Wesen (und stellen die wichtigste „Facette“ der Anthroposoziogenese dar), doch erst mit dem Übergang von der Beutewirtschaft zur produzierenden Wirtschaft bemächtigen sie sich des materiellen Lebens der Gesellschaft insgesamt.  Der Prozess der Herausbildung der entscheidenden Rolle künstlicher, vom Menschen geschaffener Werkzeuge vollzieht sich noch über viele, viele Jahrhunderte. Es ist hier nicht der Ort, um die einzelnen Stadien dieses Prozesses zu nennen und zu beschreiben. Hervorgehoben werden aber sollte, dass die Erde, der Grund und Boden, also ein vorwiegend fertig vorgefundenes Produktionsmittel, bis hin zur Ära des Kapitalismus das grundlegende Mittel der Produktion darstellte. Tier- und Pflanzenzucht spielten dabei die Hauptrolle. Um es noch einmal zu betonen: Obwohl die Menschen von der Beutewirtschaft zur Aufzucht von Pflanzen und Tieren übergingen, also gewissermaßen zu ihrer „Bearbeitung“, so hatten sie es dennoch weiterhin damit zu tun, was ihnen im Grunde als Gabe der Natur geboten wurde. Die „Bearbeitung“ der Gegenstände der Natur blieb im Großen und Ganzen oberflächlich. Die Menschheit gestaltet die Natur folglich im Großen und Ganzen äußerlich um.

Erst mit der Herausbildung der Großindustrie beginnen in der Produktion künstliche Produktionsmittel zu dominieren. Das aber bedeutet, dass es bei der Umgestaltung der Natur durch die Menschen immer lebenswichtiger und bedeutsamer wird, zum Wesen, zu den inneren Zusammenhängen von Naturprozessen und Naturgestaltungen vorzudringen.

Mit dem Übergang von unseren affenähnlichen Vorfahren zu uns Menschen begannen die entstehenden Menschen Naturgegenstände als Mittel zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse auszunutzen. Material für die Produktion von Arbeitsmitteln zu beschaffen und diese selbst zu herzustellen, war eine beschwerliche Sache, das ist klar. Im Russischen haben die Wörter „Arbeit“ (trud) und „schwer“/“mühselig“ (trudno) offenbar nicht zufällig dieselbe Wurzel.

Schon immer gab es daher auch eine Tendenz, sich die Arbeit erleichtern zu wollen. (Von der Effektivität der Arbeit sei zunächst abgesehen.)

Allmählich vollzieht sich der Übergang von solchen Mitteln zur produktiven Einwirkung auf die Natur, die in ihr fertig vorgefunden werden, zu produktiven Mitteln der Einwirkung, welche die unmittelbare Anstrengung des Menschen zur ihrer Produktion und Ausnutzung erfordern, bis hin zu selbsttätigen Mitteln. Das ist gleichsam eine Rückkehr zum Ausgangspunkt, nämlich zur Selbsttätigkeit (am Ausgangspunkt ist die jungfräuliche Natur „selbsttätig“), nunmehr aber zur Selbsttätigkeit einer künstlichen Natur.

Dabei beginnen die selbsttätigen, automatisch tätigen Mittel sich selbst zu produzieren, Automaten beginnen Automaten zu erzeugen, es verwirklicht sich eine Selbstreproduktion selbsttätiger Mittel zur Einwirkung auf die Natur.

Die scheinbare Rückkehr zum Ausgangspunkt besteht darin, dass der Mensch erneut mit solchen Prozessen der Erzeugung von Mitteln zu seiner Bedürfnisbefriedigung zu tun hat, die sich in nicht geringem Maße von selbst vollziehen, ohne unmittelbare Arbeit. Und doch ist es nur eine scheinbare Rückkehr, denn erstens gehen die letztgenannten Prozesse ursprünglich aus Arbeit hervor, und zweitens ist zu jeder gegebenen Zeit die automatisierte Produktion letztendlich durch die Arbeit von Menschen auf deren Bedürfnisse gerichtet, das heißt, die automatisierte Produktion bleibt der Arbeit und den Menschen untergeordnet, wird als Mittel der produktiven Einwirkung der Menschen auf die Natur unterhalten. Es ist kein naturwüchsiges, sondern ein künstliches, von Menschen erzeugtes Mittel, das in nicht geringem Maße selbsttätig und deshalb auch unabhängig von den Menschen geworden ist, oder genauer gesagt, Teile der automatisierten Produktion erlangen eine immer größere Selbstständigkeit, obgleich sie insgesamt den Menschen untergeordnet bleiben. Die Menschen gewinnen die Möglichkeit, immer flexibler die Produktion insgesamt und als Ganzes zu ihren Zwecken zu nutzen.

Etwas Ähnliches, wenn auch nicht ganz dasselbe, geschieht mit dem Material, auf das die Einwirkung ausgeübt wird. Zunächst wird in der Natur fertig vorgefundenes Material verwendet, später ein Material, das zuvor in einem Arbeitsprozess bearbeitet wurde, dabei aber seine grundlegenden Natureigenschaften behält, die es vor der Bearbeitung aufwies. Der letzte Abschnitt dieser Spiralwindung wäre dann die Erzeugung künstlicher Materialien mit zuvor konzipierten Eigenschaften.

Folglich verfügt der Mensch einerseits über das gegebene Naturmaterial und nutzt natürliche Gesetzmäßigkeiten aus. Andererseits passt er sich aber nicht nur einfach dem Naturmaterial an, sondern stellt sich bewusst die Aufgabe, ein Material mit den von Menschen benötigten Eigenschaften herzustellen und stellt dieses auch her.

Die Veränderung des Verhältnisses zum Material wird vor allem bestimmt von der Entwicklung der Arbeitsmittel.

Die gesamte bisherige Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Vorherrschaft der mechanischen Produktion, die Geschichte der Nutzung vor allem (wenn auch nicht ausschließlich) der mechanischen Bewegungsform, obgleich bereits in frühen Stadien auch andere Bewegungsformen der Materie genutzt werden, wovon beispielsweise die Anwendung des Feuers zeugt. In der Vorherrschaft der Nutzung der mechanischen Produktion drückt sich die Abstammung des Menschen aus dem Tierreich aus:

Die Hand ist Organ des mechanischen Ortswechsels; die Arbeit mit all ihren Komponenten bildet sich unter Ausnutzung vor allem der mechanischen Bewegungsform heraus und ihrem Kern nach ist Handarbeit der mechanischen Tätigkeit angepasst. Schon auf der Grundlage der heute beobachtbaren Tendenzen lässt sich sagen, dass künftig die Umgestaltung von Prozessen eine größere Rolle spielen wird (im Unterschied zur Umgestaltung von Gegenständen wie in der mechanischen Produktion), dass Produktionen, die auf der Nutzung von gegenüber der mechanischen weiter entwickelten Bewegungsformen basieren, eine immer größere Bedeutung erlangen werden.

Unserer Ansicht nach wird die Produktion letztlich eine von vorherrschend biologischer Art sein. Bereits jetzt gehört die Biotechnologie zu den perspektivreichsten Entwicklungszweigen von Wissenschaft und Produktion. Übergang zur Bioproduktion bedeutet aber auch, dass sich die Menschen des Wesen allen Lebens und des Menschen als biologischem Wesen bemächtigen. Im Zusammenhang damit entstehen zwei gegensätzliche Möglichkeiten: einerseits die Möglichkeit zur Aneignung biologischer Gesetzmäßigkeiten, bezogen auf den Menschen – mit dem Ziel der Bekämpfung von Krankheiten, der Lebensverlängerung, seiner Harmonisierung als Lebewesen; andererseits aber auch die Möglichkeit, den Menschen, ja die ganze Menschheit als Gesamtheit aller Lebenden zu beschädigen. Die Gefahr des Eingreifens in die biologische Natur des Menschen kann potenziell und im Extremfall selbstmörderisch für die Menschheit enden.

Auch hier lässt sich eine Spiralwindung beobachten: Von der „Erschaffung“ des Menschen als biologisches Wesen durch die Natur zur letztlich biologischen Selbsterzeugung zugleich mit der Fähigkeit zur Selbstvernichtung des Menschen durch sich selbst.

Wesentliche Veränderungen gibt es im Verlaufe jener Spiralwindung der Geschichte beim Wechselverhältnis der Menschheit mit der Natur auch unter anderen Aspekten.

Die ursprüngliche, tierische Wechselbeziehung mit der  Natur besteht in der Anpassung an die Natur. Mit der Entstehung von Menschen bildet sich als kontinuierlicher Prozess der Prozess der Umgestaltung der Natur heraus, hier tritt die Natur als Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse auf. Solange sich die Menschheit in ihrem Entstehungsprozess befindet, kämpft der Mensch ums biologische Überleben; zunächst schwankt die Effektivität der menschlichen Betätigung zum Lebensunterhalt im Großen und Ganzen um ein Minimum, d.h. sie schwankt um dasjenige, was mindestens für die Aufrechterhaltung des Lebens der menschlichen Gattung notwendig ist. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Erdbevölkerung in diesem geschichtlichen Abschnitt äußerst langsam wächst (auch ein durchschnittlich geringes Lebensalter zeugt davon).

Die gesamte Periode der Entfaltung der Menschheit erstreckt sich in dieser Hinsicht (der Möglichkeit zur Bedürfnisbefriedigung) über eine Zeitspanne, die begann, als die menschliche Gattung die Fähigkeit erlangte, Existenzmittel in einem Maße zu erbeuten und zu produzieren, das das oben erwähnte Minimum überstieg, aber noch nicht eine so gearteten Produktion hervorbrachte, die es ermöglichen würde, ihre biologischen Bedürfnisse (nach Ernährung, Bekleidung, Wohnung usw.) optimal und unter optimalen Arbeitsbedingungen zu befriedigen.

Über die gesamte Periode der Entfaltung der Menschheit hinweg hält daher, wenn auch in unterschiedlichem Maße, der Existenzkampf der Menschen sowohl untereinander als auch mit der Natur an. Schauen wir uns diesen etwas näher an. Das Verhältnis zur Natur, die umgestaltende Einwirkung auf sie, stellt in der Periode der Entfaltung der Menschheit vorherrschend einen Kampf gegen einen unerbittlichen, schrecklichen Gegner dar. Daher tritt die Unterwerfung der Natur durch den Menschen, die Herrschaft des Menschen über die Natur, das räuberische Verhalten zur Natur (das Erbeuten, koste es, was es wolle) in den Vordergrund. Anfänglich ist jedoch die Einwirkung der Menschheit auf die Natur ihrer Dimension und Tiefe her eher mit dem Einfluss von Tieren auf ihre Umwelt vergleichbar. Allerdings beeinflussen Menschen im Unterschied zu Tieren die Natur vor allem mit Hilfe ihrer produktiven Organe. Und ganz zu Anfang, solange die Bedürfnisbefriedigung der menschlichen Gattung noch um ein Minimum schwankt, passen sich die Menschen im Grunde genommen vor allem an die Natur an und besitzen weder von den natürlichen, noch von den gesellschaftlichen Folgen der Einflussnahme auf die Natur (seitens der Menschheit, der menschlichen Gattung) eine Vorstellung. Das aber bleibt, wenn auch in geringerem Maße, noch in der Periode der Entfaltung der Menschheit so.

Somit ist das Verhältnis der Menschen zur Natur sowohl in der Periode der Entstehung, als auch in der Periode der Entfaltung der Menschheit einerseits, dem tierischen entgegengesetzt, sofern es ein aktiv umgestaltendes ist, andererseits bleibt es als räuberisches Verhältnis, ohne die Folgen der Einflussnahme auf die Natur zu berücksichtigen, tierhaft.

Im Maße der Vertiefung und Ausweitung der umgestaltenden Naturaneignung beginnt sich die menschliche Einflussnahme immer mehr von der tierischen zu unterscheiden. Allmählich lernen die Menschen, immer tiefere und immer entferntere Folgen ihrer Beeinflussung der Natur vorauszusehen. Zugleich vertieft und erweitert sich aber auch das räuberische Verhältnis zur Natur, die Unterwerfung der Natur unter den Menschen. Ausmaß und Tiefe dieser Einflussnahme werden am Ende so bedeutsam, dass sie den  gesamten Schoß der Natur, in dem die Menschheit entstanden war, d.h. die gesamte Erde, ihre gesamte Oberfläche und all ihre Bodenschätze, umfasst, und zwar so gründlich, dass die künstlich geschaffene Umgebung die gesamte Umwelt zu durchsetzen beginnt, oder noch deutlicher gesagt - dass die auf räuberische Weise erzeugte „künstliche Natur“ die gesamte „naturwüchsige Natur“ zu durchdringen beginnt.

Die Menschheit gewinnt zwei gegensätzliche Möglichkeiten: Einerseits die Möglichkeit, die gesamten irdischen Existenzbedingungen gemäß ihren Bedürfnissen umzugestalten, andererseits auch die Möglichkeit, die gesamte Erde auf militärische oder friedliche Weise zu zerstören. Diese kolossalen schöpferischen wie selbstmörderisch-destruktiven Möglichkeiten der Menschheit stellt diese vor das Dilemma, entweder bewusst ihre gewaltigen Möglichkeiten aneignen und zum Wohl der Menschheit als Ganzes einsetzen zu müssen, oder aber unterzugehen.

In der Gegenwart ist die auseinanderdriftende Menschheit bestenfalls in der Lage, diese oder jene unmittelbaren Folgen ihres räuberischen Verhaltens zur Natur zu neutralisieren oder partiell abzumildern. Im Zuge der Herausbildung globaler Produktionsverhältnisse und der Vertiefung der produktiven Umgestaltung der Natur wird auch die destruktive Einwirkung auf unsere Erde immer tiefer, ganzheitlicher, umfassender.

Nur eine Vereinigung der Menschheit und eine bewusst vereinigte, gesamtmenschheitliche, also auf die Dimensionen der gesamten Menschheit bezogene, planmäßige Entwicklung eröffnet prinzipiell neue Perspektiven für die Beseitigung der negativen Folgen der menschlichen Tätigkeit. Der Gang der Geschichte zwingt die Menschheit bei Strafe ihres Untergangs zu einem neuen Verhältnis zur Natur, das scheinbar eine Rückkehr zum Ausgangspunkt darstellt: eine solche Umgestaltung der Natur, die nur scheinbar eine Anpassung, scheinbar eine Bewahrung der ursprünglichen Natur ist, also eine Umgestaltung, die die entfernten Folgen der Beeinflussung der Natur in ihrer Gesamtheit berücksichtigen würde.

Nichtsdestoweniger ist eine solche Produktion so umfassend und tiefgreifend, dass sie selbst bei vollständiger Nutzung von Vernunft und Wissenschaft allmählich die Umgestaltung der gesamten Erde, ihrer Oberfläche und Bodenschätze mit sich bringen wird, das heißt, zur Erzeugung einer grundsätzlich nicht natürlichen, sondern künstlichen Umwelt der Menschheit führen wird. Die wachsenden Möglichkeiten der Menschheit zur Erzeugung einer künstlichen Umwelt, zur Automatisierung und Herstellung künstlicher Materialien bedeuten die Herausbildung von Voraussetzungen dafür, dass die Menschheit den Schoß der Natur verlässt, die Grenzen einer zutiefst irdischen Zivilisation übersteigt und den Übergang in die kosmische Zivilisation beschreitet.

Die Notwendigkeit einer kosmischen Zivilisation wird insbesondere durch die Begrenztheit der Rohstoffressourcen für die Produktion und des Raumes für die Ansiedlung von Produktion und Bevölkerung diktiert (unserer Ansicht nach wird die Erzeugung eines Überschusses von materiellen Gütern eine neue Bevölkerungsexplosion mit sich bringen).

Somit stellt die vergangene und heute noch andauernde Zivilisation eine Spiralwindung der irdischen Zivilisation dar, die von einer schon zur Notwendigkeit werdenden kosmischen Zivilisation abgelöst werden wird.

Eine der notwendigen Voraussetzungen für diesen Übergang aber ist die Vereinigung der Menschheit.

Ohne eine Vereinigung wird die Menschheit weder überleben können, noch ihre Kräfte konzentrieren können, die für einen umfassenden Aufbruch in den Kosmos notwendig sind. Schon jetzt können einigermaßen weitreichende kosmische Programme nur Großmächte oder aber Staaten realisieren, die ihre Anstrengungen zusammenlegen.

Spiralförmig entwickeln sich nicht nur die Mittel der produktiven Einwirkung auf die Natur und die in der Produktion verwendeten Materialien, sondern auch der Mensch selbst. Von Beginn an ist die Arbeit der bestimmende Faktor der Entstehung und weiteren Entwicklung der Menschheit. Doch herrscht in der Urgesellschaft nicht Produktion, sondern Beutewirtschaft vor. Demgemäß sind die Menschen unter dem Aspekt ihrer vorwiegenden Tätigkeit keine Produzenten, sondern „Erbeuter“. Ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten sind entsprechend vor allem Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Anwendung von Mitteln der Einwirkung (von hergestellten oder in der Natur fertig vorgefundenen) im Prozess der Erbeutung, und ihre Kenntnisse erwachsen vor allem aus der unmittelbaren Beobachtung. Da die Erbeutung mit Hilfe von Einflussmitteln, sei es von fertig in der Natur vorgefundenen oder durch Arbeit erzeugten, ein aufgehobenes tierisches Verhalten zur Natur darstellt, überwiegt auch im Bewusstsein der Menschen das Bewusstwerden eines tierhaften Verhaltens zur Natur, das Bewusstwerden einer lebendigen, konkreten Verbindung mit allem, was sie umgibt, und miteinander.

Mit dem Übergang zur Dominanz der Produktion, zur produzierenden Wirtschaft, werden die Menschen vorwiegend zu Produzenten. Doch bleiben auch in der Produktion die naturwüchsigen Produktionsmittel – der Boden und das Vieh - über lange Zeit die vorherrschenden. Daher rührt die lange Vorherrschaft des unmittelbaren Verhältnisses zur Natur – der Produzent selbst tritt unmittelbar oder in hohem Maße als natürlicher Körper in Erscheinung, als von der Natur bereitgestelltes Mittel der Produktion, d.h. der Produzent selbst ist noch in diesem oder jenem Grade nicht vom Mittel der Produktion getrennt, ist selbst Produktionsmittel. Die Ablösung der Produktionsmitteln und der Produzenten voneinander, die Herauslösung der Produzenten aus den Produktionsmitteln geschieht im Zuge der Entwicklung und Verbreitung von produzierten, durch Arbeit erzeugten Produktionsmittel. Unter den durch Arbeit erzeugten Produktionsmitteln dominieren zunächst Arbeitsmittel, die durch individuelle Handarbeit in Bewegung gesetzt werden.

Die Verbreitung der Handarbeit, sei es mit oder ohne Arbeitsteilung, entspricht der beginnenden Eindringung in das Wesen der Prozesse und Erscheinungen, die allerdings in der Form der Einzelheit oder Besonderheit, d.h. in einer dem Wesen widersprechenden Form, zu Bewusstsein gelangt.

Sofern Versuche unternommen werden, das Wesen in reiner Form zu erkennen, existiert diese Erkenntnis als Ahnung oder Vermutung, gewürzt mit einer hübschen Portion Phantasie. Auf der Grundlage der Entwicklung der Handarbeit entwickelt sich letztlich eine Trennung zwischen der körperlichen und der geistigen Arbeit, zwischen Erfahrungswissen und theoretischem Wissen, wobei nicht das theoretische, sondern das Erfahrungswissen Bedeutung für die Produktion besitzt.

Mit der Entwicklung der Maschinenproduktion und ihrer Verwandlung in die entscheidende Produktionsweise wird die mechanische, körperliche Arbeit zur Anwendung von Maschinen zur vorherrschenden. Zugleich erfordert die Vervollkommnung, vor allem aber die Herstellung von Maschinen in immer höherem Maße nicht nur Erfahrungswissen, sondern theoretisches Wissen (die Erfahrung selbst wird immer mehr auf Experimente gerichtet oder in ein Experiment verwandelt). Theoretisches und experimentelles Wissen erlangen unmittelbare Bedeutung für die Produktion. Die Maschinenproduktion bereitet den Boden für die Beseitigung der Spaltung zwischen körperlicher und geistiger Arbeit, der Spaltung zwischen dem Erfahrungswissen und dem theoretischen Wissen und Erkennen, indem es diese Spaltungen auf die Spitze treibt. Aber erst die entwickelte Automatisierung bereitet der Überwindung dieser Spaltung vollständig den Boden, wenn Tätigkeiten zur Entwicklung der automatisierten Produktion und zur allgemeinen Steuerung dieser Produktion über die Arbeiten mit einfacher Maschinenanwendung zu überwiegen beginnen.

Mit der Entwicklung der einfachen Maschinenproduktion, später der automatisierten Produktion entfaltet sich der gesellschaftliche Charakter der Arbeit.

Auch die geschichtliche Entwicklung des Charakters der Arbeit verläuft spiralförmig. Ausgangspunkt ist die Arbeit, die naturwüchsig entstandenen kollektiven Charakter trägt. Dieser war bedingt durch die Notwendigkeit des Überlebens der menschlichen Gattung unter harten Naturbedingungen, durch die Unmöglichkeit, in Vereinzelung zu überleben. Die Vertreibung aus dem Kollektiv bedeutete, falls es nicht gelang, sich in eine andere Gruppe zu integrieren, in der Mehrheit der Fälle den Tod.

Danach entfaltete sich mehr und mehr die individuelle Handarbeit. Kapitalistische Produktionsverhältnisse entstanden ursprünglich auf der Grundlage von Handarbeiten, die zur Kooperation geführt wurden. Im Prozess von Kooperation und Teilung der Handarbeit wird der Übergang zur Maschinenarbeit verwirklicht. Gerade der Übergang zur Maschinenarbeit ist ein Übergang zum eigentlich gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, also vollzieht sich wiederum eine scheinbare Rückkehr zum Ausgangspunkt – zur vereinigten Arbeit.

Die Entwicklung verlief vom Prozess der Erlangung von Konsumtionsgegenständen, bei dem die unmittelbare Beobachtung überwiegt, zur Eindringung ins Wesen der angewandten Prozesse und zur Erfassung des Wesens in reiner Form, zur Theorie und zur Erfahrung, die auf der Anwendung von Theorie beruht (zum Experiment), zur Wissenschaft als Produktivkraft. Die Anwendung der Wissenschaft als Produktivkraft bedeutet bereits gesamtgesellschaftliche Anwendung von Theorie und Experiment auf die Praxis, auf die Produktion, es ist eine Bewegung von der Theorie zur gesellschaftlichen Praxis, d.h. von Wissenschaft zur Praxis der Gesellschaft.

Von der Tätigkeit zur Ausnutzung (mit Hilfe eines Körperorgans) von vorwiegend fertig in der Natur gefundener Produktionsmitteln geht es zur Dominanz der Arbeit zur Anwendung produzierter Produktionsmittel und von dieser zur Dominanz von Arbeit zur Erzeugung und Ausnutzung selbsttätiger Produktionsmittel.

Spiralförmig entwickelten sich auch die Verhältnisse zwischen den Menschen. Die Entwicklung verlief von naturwüchsig entstandenen kollektiven Beziehungen über die Zerstörung dieser Beziehungen, über die Herauslösung der Menschen aus solchen Kollektiven und über die Herausbildung von Beziehungen zwischen voneinander getrennten Individuen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass dem Individuum alle anderen Individuen nur als Mittel für den eigenen Existenzunterhalt gelten, und von diesen Beziehungen zu wirklich gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Persönlichkeiten.

Während die ursprünglichen Kollektive von kleiner Zahl sind und voneinander getrennt leben, ist zum Ende dieser Spiralwindung das Kollektiv - die ganze vereinigte Menschheit. Und was bildet die Grundlage dieser Entwicklung?

Die Entwicklung des produktiven Wechselverhältnisses zur Natur.

Mit einiger Vergröberung lässt sich feststellen, dass unter der Dominanz von naturwüchsig entstandenen Produktionsmitteln im produktiven Wechselverhältnis zur Natur auch unter den Verhältnissen zwischen den Menschen die naturwüchsig entstandenen Beziehungen vorherrschen. Wo aber die Anwendung der schon selbst erzeugten Produktionsmittel zu dominieren beginnt, beginnen auch eigentlich gesellschaftliche Verhältnisse zwischen den Menschen zu herrschen. Selbst erzeugte Produktionsmittel entwickeln sich im Großen und Ganzen von individuellen, durch Handarbeit in Bewegung gesetzten zu Produktionsmitteln von bereits eigentlich gesellschaftlichem Charakter. Deren eigentlich gesellschaftliche Charakter wird mit der Entwicklung der Maschinenproduktion sogar zur technischen Notwendigkeit. Gesellschaftlicher Charakter der Produktion aber bedingt die Vereinigung von Menschen, bedingt gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln. Der Grad seiner Entwicklung bedingt letztlich auch den Grad realer Vergesellschaftung.

Die Entwicklung der Produktionsverhältnisse auf Basis und in Einheit mit der Entwicklung der Produktivkräfte verläuft vom urgemeinschaftlichen Gemeinde- bzw. Stammeseigentum über das Privateigentum (übrigens entspricht das Privateigentum gerade den manuellen Arbeitsmitteln am meisten) und von diesem zum gesellschaftlichen Eigentum an Produktionsmitteln.

Es ist von großer Bedeutung im Blick zu behalten, dass zu Beginn Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse einander identisch sind. Natürlich handelt es sich dabei nicht um absolute Identität, seit der Entstehung des Menschen gibt es zwischen ihnen einen Unterschied. Im Zuge der Entfaltung der menschlichen Gesellschaft tritt dann immer stärker der wesentliche Unterschied zwischen den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen in den Vordergrund. Ihre unmittelbare Identität verschwindet aber keineswegs gänzlich. Aus unserer Sicht lässt sich das in vorkapitalistischen antagonistischen Formationen deutlich erkennen: Sklaven und partiell auch feudal abhängige Bauern sind identisch mit Produktionsmitteln. Im Kapitalismus verschwindet die unmittelbare Identität zwischen Produktivkräften und Produktionsmitteln fast völlig, allerdings bleibt sie in indirekter Form dennoch partiell bestehen: Die Arbeitskraft ist ein Ding, das zum Verkauf steht, d.h. sie teilt in dieser Hinsicht das Schicksal einer beliebigen anderen Ware, eines beliebigen anderen Dings, und als vom Kapitalisten zwecks produktiver Anwendung gekauftes Ding gleicht die Arbeitskraft in dieser Hinsicht den Produktionsmitteln.

Die nächste Etappe ist die Herstellung der Identität von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, aber auf neuer Grundlage. Diese Identität ist von anderer Art:

Der Mensch befreit sich allmählich von der unmittelbaren Arbeit zur Anwendung automatisierter Mittel der produktiven Einwirkung auf die Natur.

In den Anfangsetappen vollzieht sich die Übernahme zunächst der körperlichen Anstrengungen des Menschen durch künstliche Mittel produktiver Einwirkung auf die Natur, später dann auch der immer schwierigeren intellektuellen Anstrengungen. Die Richtung dieser Tendenz besteht darin, dass der Mensch immer stärker durch die selbsttätigen Mittel produktiver Einwirkung auf die Natur aus der Arbeitssphäre verdrängt wird. Der Umfang der lebendigen Arbeit, die die Gesellschaft benötigt, besitzt letztlich die Tendenz zur Minimierung. Die verbliebene Arbeit verknüpft sich auf immer stärker vermittelte Weise mit dem Endprodukt, und nur die schwierigsten Funktionen der Arbeit bleiben erhalten, die noch nicht vom „Angriff der Maschinen auf die Arbeit“ erfasst wurden. Natürlich realisiert sich auch diese Tendenz nicht in reiner Form, nicht als geradliniger Aufwärtstrend. Bekanntlich führt die Automatisierung in bestimmten Anfangsphasen zunächst oft zum Wachstum geringer qualifizierter Arbeit.

Die selbsttätigen Mittel produktiver Einwirkung auf die Natur schaffen letztlich die Voraussetzungen für die Verkürzung des Arbeitstages (die notwendig ist für die Reproduktion des gegebenen Individuums, seiner Familie, für gesellschaftliche Angelegenheiten). Die Verringerung der Länge des Arbeitstages und die Erleichterung der Arbeitsbedingungen eröffnen perspektivisch die Möglichkeit dafür, dass die Anstrengungen, die die Individuen im Verlaufe der allgemein notwendigen Arbeitszeit verausgaben, nur noch den geringeren Teil derjenigen produktiven Anstrengungen bilden, zu denen der Mensch fähig ist. Dies würde die Möglichkeit bieten, den größeren Teil dieser Anstrengungen frei und gänzlich oder hauptsächlich in Übereinstimmung mit den Interessen der Individuen selbst zu realisieren.

Die Übergabe der körperlichen Funktionen des Menschen an die Maschinen ruft das Bedürfnis nach Entwicklung von Körperkultur und Sport hervor. Während Arbeit vorwiegend auf einen dem Menschen äußerlichen Gegenstand gerichtet ist, so hat Körperkultur den Menschen zum Selbstzweck. Im Maße der Übergabe von intellektuellen Funktionen an Maschinen wird das Bedürfnis der Individuen nach intellektueller Kultur wachsen. Die Entwicklung der Produktionsmittel selbst schafft die Möglichkeit dazu, und die Natur des Menschen als soziobiologisches Wesen erfordert es, dass der Mensch, wenn er unter den Bedingungen der Übergabe körperlicher und intellektueller Funktionen an Maschinen nicht krank werden will, ein ausgefülltes Leben anstrebt. So erweisen sich Körperkultur wie intellektuelle Kultur als gleichermaßen erforderlich; die körperliche wie intellektuelle Entwicklung der Individuen als Selbstzweck wird zur Notwendigkeit.

In dieser Notwendigkeit zeigt sich auch eine andere Tendenz. Das biologische Leben selbst als Einheit und Gegensatz von Leben und Tod erfordert ein beständiges Ringen um das Leben, gegen den Tod. Arbeit, die als Mittel zum Erhalt der physischen Existenz entstanden war, prägte die biologische Gattung des Menschen und erwies sich daher nicht nur als etwas, dem zu entfliehen ist, sondern auch als etwas, ohne das der Mensch im Unterschied zum Tier nicht existieren kann – und zwar nicht nur auf speziell menschliche Weise, sondern auch nicht einmal als biologisches Wesen von besonderer Art. Anders gesagt ist Arbeit nicht nur Last, sondern auch Bedürfnis. Das Bedürfnis nach Arbeit, das aus meiner Sicht ein sozio-natürliches ist, wird einerseits anerzogen und ist andererseits Bedürfnis eines gesunden menschlichen Organismus nach Anstrengung seiner Kräfte. Im Maße der Beseitigung übermäßiger Intensität und Dauer der Arbeit, im Maße der Erleichterung von Arbeitsbedingungen, wird das Bedürfnis nach Arbeit (im Vergleich zum Bedürfnis nach Arbeitsvermeidung) in den Vordergrund treten.

Der Kommunismus als Resultat der Entwicklung ist Negation der Negation der vorangegangenen Geschichte. Kommunismus ist ein neuer Typ der Menschheitsentwicklung, der, im Maße seiner Reifung, selbst verschiedene Entwicklungsstadien hervorbringen wird. Nur eine kommunistisch, also wirklich vereinte Menschheit wird in der Lage sein, endgültig die Gefahr ihrer militärischen Auslöschung und ihres Aussterbens infolge der Nebenwirkungen der Produktion zu bannen, die Entwicklung der Individuen vernünftig zu fördern (dabei auch ihre biologische Natur zu vervollkommnen) und die der Gesellschaft zu koordinieren, nur sie wird in der Lage sein, die gesamte Erde und die Erdumgebung ihren Bedürfnissen entsprechend umzugestalten, sich endgültig jenseits der irdischen Grenzen anzusiedeln, die Grenzen zur kosmischen Zivilisation zu überschreiten und dabei die Erde als Mekka des kosmischen Tourismus zu bewahren.

Die Alternative, die aus dem gesetzmäßigen Gang der Geschichte folgt, lautet meiner Ansicht nach so: Entweder Untergang der Menschheit oder echte Vereinigung der Menschheit und bewusste Lenkung von sozialen Kräften, die eine so mörderische Macht gewonnen haben oder noch gewinnen. 

                                                                                                (Übersetzung: Gudrun Havemann)


[1] Der Artikel ist zum großen Teil identisch mit dem Text „Неизбежность коммунизма“ („Die Unvermeidlichkeit des Kommunismus“) in „Экономические науки“, 9/1990, vgl. https://ilhs-org.net/ru/stat21.htm 

[2] Marx, Karl und Engels, Friedrich.: Das Kommunistische Manifest, in: MEW Bd.4, S.

[3] Das Wort „Ideal“ wird hier im Sinne des höchsten erstrebenswerten Ziels oder Zwecks verwendet.

[4] Manilow ist eine Figur aus Gogols „Toten Seelen“, gezeichnet als Schönfärber und leeren Pläneschmied

[5] Vgl. dazu die ausführliche Darstellung in der Monographie V.A. Vazjulin: „Die Logik der Geschichte“, Moskau 1988, Norderstedt 2011

[6] Was heißt „Revision“? Während ein Dogmatiker überholte Thesen des Marxismus zu bewahren versucht, lehnt ein Revisionist solche Thesen ab, die nicht überholt sind, sondern fortgesetzte Bedeutung für die Gegenwart haben. Insofern erweisen sich beide zu einer schöpferischen Weiterentwicklung des Marxismus nicht imstande.

[7] PSS 17, str. 24 abgleichen

[8] A. Makarenko, Von der Erziehung der Jugend, 1951, S. 199 (wo?)